Einen Espresso richtig genießen

Einen Espresso zu probieren heißt, ihn zu genießen: zunächst durch einfaches Riechen, dann durch das Trinken und schließlich durch das Anhören der „Musik“, die er auf unseren Gaumen hinterlässt. Je stärker wir diese Ratschläge beachten, umso mehr können wir genießen.

Sehen
Der trügerischste Sinn: Ein schöner Kaffee kann schlecht sein… wie auch ein weniger ansehnlicher Kaffee einen großen Genuss darstellen kann. Der Sehsinn sendet unserem Gehirn 85% der sensorischen Informationen, und sollte daher während der Verkostung am besten ausgeschlossen werden.

Geruch
Wenn möglich sollten wir unseren Espresso ein paar Sekunden lang mit geschlossenen Augen riechen. Auf diese Weise verhindern wir, dass unser stärkster Sinn (das Sehen) seine Informationen nach vorne drängt und diejenigen unserer Nase verdrängt. Der Geruchssinn ist recht langsam (1% der Informationen, die wir von unseren Sinnen erhalten); geben wir ihm also Zeit, uns seine Eindrücke zu erzählen.
Denken Sie daran, dass unser Geruchssinn bis zu 20.000 verschiedene Aromen unterscheiden kann! Dazu braucht er aber Zeit.


Geschmack
Wir wissen, dass der Geschmacksinn zwischen süß, sauer, bitter und salzig unterscheidet. Seit einigen Jahrzehnten wissen wir auch, dass auf unserer Zunge Sinneszellen für Umami liegen: Dieser fünfte Geschmack nimmt Eindrücke war, die an Fleisch und Brühe erinnern. Im Jahre 2012 wurde dann festgestellt, dass unsere Sinneszellen auch mit Sensoren für Fett ausgestattet sind, wodurch die Zahl der Sinne auf sechs angestiegen ist. Dieses Wissen hilft uns bei der Verkostung. Auch der Geschmackssinn ist extrem langsam: Er umfasst weniger als 1% der Informationen, die unser Gehirn erreichen.

Tastsinn
Niemand denkt bei einer Verkostung an den Tastsinn, doch sind Empfindungen wie Fülle oder Wässrigkeit ganz mit dem Tastsinn verbunden. Wenn ein Espresso sehr vollmundig und cremig ist, haben wir es mit einer Summe von taktilen Eigenschaften, einer starken Präsenz von Fett sowie mit Umami zu tun.
Die „Fettinformation“ ist nicht automatisch mit einem hohen Fettgehalt verbunden, da Kaffee fast frei von Kalorien ist. Die wenigen Fettmoleküle können jedoch unsere Geschmackszellen mit der Flüssigkeit erreichen.

Nachgeschmack
Der Nachgeschmack ist die Summe aus allen Wahrnehmungen, die nach der Verkostung in unserer Mundhöhle verbleiben. Bei einem ungesüßt getrunkenen Espresso verschwindet die bittere Note nach etwa einer Minute. An ihrer Stelle stellt sich eine stark süße Wahrnehmung ein, die ca. zwanzig Minuten lang anhält. Dann verschwindet der Geschmack zusammen mit den taktilen Wahrnehmungen, während das sogenannte retronasale Aroma, das wir bei der Ausatmung durch die Nase wahrnehmen, weiterhin stark bestehen bleibt. Dieses Aroma, das sofort nach der Verkostung beginnt, kann länger als zweieinhalb Stunden als angenehmes Duftgefühl wahrgenommen werden: Man kann es als unbewusste Aromatherapie beschreiben, die unser Gehirn liebkost. Vielleicht aus diesem Grund haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass der Kaffee die Stimmung des Menschen verbessert.